Über Vibrationen und Resonanzen – Essay

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Quelle: Pixabay, Tumisu

Ob sich Kontinentalplatten verschieben, in Nordkorea die nächste Atombombe getestet wird, in unmittelbarer Nachbarschaft eine Straßenbahn fährt, jemand seine Tür zuknallt, man sich in Wohnungen bewegt, die Waschmaschine schleudert, kurz gesprochen, immer wenn Objekte bewegt werden, verursacht das Vibrationen.

Wir leben in einer Welt, in der jedes System ständig in Schwingungen gerät, die sich ab einer gewissen Größe und Kraft über sehr weite Entfernungen fortpflanzen. Durch diese Bewegungen entstehen überwiegend mikroskopische Vibrationen, die sich unserer direkten Wahrnehmung entziehen. Schwingungen nehmen wir erst ab einer bestimmten Größenordnung wahr; die meisten von ihnen bleiben unentdeckt.

Es sei denn man verwendet ein Seismometer.

Mit einem Netz von Seismografen lassen sich Reibungen plattentektonischer Bewegungen von Kontinenten, Erd- und Seebeben, mikroseismische Unruhen, Sprengungen, atomare Explosionen und Verkehrserschütterungen auch über globale Entfernungen präzise messen und lokalisieren. Mit Technologien dieser Art lassen sich die Magnituden von See- und Erdbeben, die Zentren ihres Entstehens (Epi- und Hypozentren), das Frequenzspektrum und die zeit-räumliche Auflösung von Schwingungen jedweder Art aufzeichnen. Hinzu kommt, dass im Prinzip alle physischen Erscheinungen unserer Welt resonieren.

Resonanz von lateinisch resonare auf Deutsch widerhallen bedeutet, dass Objekte verstärkt mitschwingen, wenn eine Vibration gewisser Konstellation einwirkt. Sie finden in praktisch jedem physischen System statt, das auf Vibrationen oder Wellen reagieren kann. So existieren mechanische, akustische, elektromagnetische, nuklearmagnetische, Elektronenspin- und Quantenwellenresonanzen. Jedes System hat seine eigene Resonanzfrequenz, das bei jeder Schwingung erneut Energie aufnimmt, speichert und zeitverzögert in einem geänderten Spektrum wieder abgibt, weil es ausschwingt.

Vibrationen auf Mikrofonmembran | Bild: Thomas Hündgen

Schwingungen, auch Oszillationen vom lateinischen oscillare, schaukeln, bedeuten wiederholte zeitliche Schwankungen von Zustandsgrößen eines Systems. Die Schwankungen beziehen sich dabei auf einen Mittelwert. Schwingungen kommen praktisch überall vor, in der Physik, Mechanik, Elektrotechnik, Biologie, Geografie und vielen weiteren Bereichen der gesamten Welt. 

Der Zoo verschiedener Klassifizierungen von Vibrationen erscheint vielfältig. Es gibt periodische, nicht periodische, quasiperiodische und chaotische Schwingungen. Weiterhin wurden gedämpfte, ungedämpfte, aperiodische, parametererregte, lineare, nicht lineare, mit einem und mehreren Freiheitsgraden, kontinuierliche und diskrete Schwingungen entdeckt und untersucht. Wovon alle diese Eigenschaften auch in Kombinationen von beliebiger Komplexität auftreten können. Laut Definition werden Vibrationen als periodische Schwingungen von Systemen bezeichnet, die mit Deformationen einhergehen.

Schwingungen können bei elektrischen Signalen zur Übermittlung von Informationen dienen, wie zum Beispiel bei Modulationen von Audiosignalen. Musik besteht, ob akustisch oder elektronisch, aus Schwingungen unterschiedlichster Art, die am besten von unerwünschten Vibrationen befreit werden sollten. Zusammengefasst darf behauptet werden, dass wir in einer Welt leben, die einem ständigen Hintergrundrauschen von Vibrationen ausgesetzt ist, mit denen Objekte unterschiedlich stark resonieren.

Ein aktives und überwiegend passive Systeme

Oben genannte Phänomene treffen natürlich auch für Audiogeräte und deren Stromversorgungen zu. Sie sind, wie alles andere, einem ständigen Bombardement von winzigen Vibrationen ausgesetzt. Und da sie kleine bis mikroskopisch kleine Signalmodulationen stark vergrößern, erscheint es als kaum verwunderlich, warum sie auf Vibrationen so empfindlich reagieren. Zudem, wie wir oben stehend erfahren haben, sind es Schwingungen, die es ermöglichen, Audiosignale zu generieren und weiterzuleiten. Auch hier wirkt es plausibel, dass Elektronik keineswegs, wie oft behauptet wird, gegenüber Vibrationen immun wäre. Es erscheint einleuchtend, dass sich zu den Schwingungen, die ein Audiosignal ausmachen, sich noch Weitere hinzugesellen, die sich negativ auf die Akkuratesse der Signalübertragung auswirken können.

Doch wer nun glaubt, dass sämtliche Segnungen der Vibrationsisolierungen aus der Hi-Fi-Industrie alleine stammen, sieht sich getäuscht. Mittlerweile hat sich ein großer Markt entwickelt, auf dem zahlreiche Lösungen angeboten werden, um verschiedene Technologien von unliebsamen Erschütterungen fernzuhalten. So sind zum Beispiel bildgebende Verfahren, die in mikroskopischen Größenskalen operieren, aufs Empfindlichste auf Lösungen angewiesen, die sie von Vibrationen, bis zu den Allerkleinsten, zu isolieren vermögen. Schaut man sich zum Beispiel Bilder an, die mit einem Elektronenmikroskop gemacht wurden, die ohne Vibrationsisolierung entstanden sind, kann man Verwacklungsunschärfe feststellen. Kein Wunder, dass in diesem Bereich die besten Geräte angeboten werden, um darauf montierte Technologien von Erschütterungen fernzuhalten.

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Mittlerweile tauchen im Bereich der Audiotechnik ebenfalls eine wachsende Zahl an Lösungen auf, die man sich von den oben genannten Industriezweigen teilweise abgeschaut hat. Es werden verschiedene Möglichkeiten genutzt um Maschinen, Geräte, Gebäude und zum Beispiel auch ganze Industriekomplexe vor Vibrationen zu schützen. Unterschieden wird zwischen aktiven und passiven Isolatoren, wobei die passiven Lösungen in der Überzahl sind. Eine hundertprozentige Isolation von Vibrationen ist nicht möglich. Weitverbreitete, passive Isolationssysteme sind zum Beispiel Luftisolatoren. Es handelt sich gewöhnlich um Behälter, die mit Druckluft gefüllt sind, es gibt verschiedene Konstruktionen. Man findet sie zum Beispiel zur Stoßdämpfung in großen LKW. Größere Exemplare davon werden verwendet, um ganze Gebäude oder Industriekomplexe vor Vibrationen zu schützen. Einige dieser Isolationssysteme kommen auch bei sehr empfindlicher Laborelektronik zum Einsatz.

In der Hi-Fi-Welt sind zum Beispiel die Laufwerke des japanischen Herstellers TechDAS dafür bekannt, dass sie sehr aufwendige Druckluftanlagen zur Vibrationsisolierung ihrer aufwendigsten Laufwerke verwenden. Weit verbreitet für Industrieanwendungen sind Feder- und Federdämpfungssysteme. Größere Ausführungen werden zum Beispiel in der Architektur von großen Gebäuden, Industrieanlagen oder auch beim Brückenbau verwendet. In viel kleineren Varianten werden sie auch heute noch in manchen Audiogeräten verbaut, am bekanntesten werden wohl die Subchassis-Plattenspieler sein. Am meisten verbreitet dürften wohl Unterlagen (Pads) aus den verschiedensten Materialien und deren Kombination sein. Dabei werden entweder in reiner Form oder mit verschiedenen Lagen von Elastomeren, Gummi, Kork, Kunststoffe und Kunststoffschäume oder auch Schaumkeramik in laminierter Form kombiniert. In der Industrie werden solche Unterlagen unter schweren Maschinen installiert. Zu Hause lassen sich mit einigen Varianten zum Beispiel Waschmaschinen weitgehend isolieren, dabei soll natürlich die Umgebung von den Vibrationen der Maschinen getrennt werden. Untersetzer dieser Art finden im Bereich von Hi-Fi-Anlagen weite Verbreitung. Aber auch im Maschinenbau verwendet man Gerätefüße, die aus einer Kombination von überwiegend oft Gummi oder Kunststoffen, die dem Gummi ähnliche mechanische Eigenschaften aufweisen, um zum Beispiel Drehbänke und Fräsanlagen zu isolieren.

Eine ganz besondere Maßnahme jedoch findet sich in Systemen wieder, die auf Technologien negativer Steifigkeit (NSM: Negative Stiffness Mechanism) basieren. Mittels komplizierter Mechanik, bestehend aus Feder- und Schwingelementen, gelingt es Plattformen für verschiedenste Anwendungen, die darauf platzierten Technologien von Vibrationen fernzuhalten. Diese Plattformen werden mittlerweile auch für den High-End-Audio-Markt angeboten, wie zum Beispiel Geräte von Minus K. Es gibt zudem Produkte, die Technologien dieser Art integrieren, wie etwa die Helix Plattenspieler von Döhmann Audio. Während auf die unteren Bereiche ständig Vibrationen einwirken, bleiben die oberen Plattformen bis in den Infraschallbereich davon befreit.

Plattenspieler dürften wohl die für Vibrationen empfindlichsten Geräte in einer Audiokette sein. Im Prinzip trifft das auch auf sämtliche Elektronik zu, natürlich wesentlich mehr bei Geräten, die bewegte Mechanik benötigen, wie etwa CD-Player. Und je steifer und härter Komponenten aufgestellt sind, desto besser können sich Schwingungen übertragen und somit den Betrieb stören, ob mechanisch oder elektronisch, das gilt gleichermaßen. Denn es sind nicht nur leistungsstarke optische Systeme, wie Mikroskopieverfahren, sondern auch sehr empfindliche elektronische Geräte in vielen wissenschaftlichen Labors, die ebenfalls empfindlich auf Vibrationen reagieren, wie etwa in der Quantenoptik oder bei Messgeräten, die für mikroskopische Größenskalen ausgelegt sind.

Eine scheinbar aus dem Bereich Audiotechnik stammende Lösung werden wohl Produkte sein, die auf magnetische Levitation setzen. Derzeit gibt es nur wenige Angebote, es handelt sich dabei um eine noch junge Entwicklung. Zwei Magnete werden derart verbaut, dass sie sich gegenseitig abstoßen. Auf dem oberen Teil werden die Geräte installiert und Vibrationen könnten sich höchstens nur noch durch die Magnetfelder selbst und durch die Luft übertragen.

Die einzige aktive Vibrationsisolierung wird mit aufwendigen Geräten bewerkstelligt, die aus komplexen Anordnungen von elektrodynamischen Aktuatoren und Sensoren ausgestattet sind. Aktive Systeme isolieren weniger, als dass sie vielmehr Vibrationen kontrollieren und reduzieren. Systeme dieser Art stellen die Voraussetzungen für den Betrieb in den Bereichen Nanotechnologien, Astronomie, Laseroptik, Elektronenmikroskopie und sehr vielen weiteren vor allem wissenschaftlichen Anwendungen, bei denen es um äußerste Präzision geht.

Aus Chaos wird Ordnung

Wenn man sich vor Augen hält, welchem Chaos man seine Audiokomponenten aussetzt, erscheint es als kein Wunder, wenn sich das negativ auf die Qualität auswirkt, weil es sich ungünstig auf die hochpräzisen Aufgaben ausübt, die Audiogeräte erfüllen sollen. Personen, die sich in einem großen Gebäude aufhalten, dürfte es zum Beispiel schwerfallen, in Ruhe ihre Aufgaben zu erledigen, während sich ein Erdbeben der Stärke 7 entfaltet und das Gebäude zudem noch steif konstruiert wurde. Wie im oben stehenden Video gut veranschaulicht wird, befinden sich schwingende oder auch flexible Systeme im Vorteil, damit aus dem Chaos einer zufälligen Verteilung eine Ordnung der Harmonie erwächst, die sich selbst organisiert und für einen Gleichtakt sorgt, der sich nicht mehr gegen die einwirkenden Kräfte stellt.

Neben der Vernachlässigung der Umstände, die eine gute Stromversorgung ausmachen, sind es vor allem Vibrationen, die dafür sorgen können, dass selbst die hochwertigsten und kostspieligsten Komponenten nicht das volle Potenzial entfalten und für enttäuschende Erlebnisse sorgen können. Maßnahmen jener Art könnte man als Resonanzoptimierungen bezeichnen. Im Prinzip handelt es sich dabei um technische Lösungen, die Objekte flexibel anordnen, damit sie sich nicht mehr gegen die einwirkenden Schwingungen stellen, sondern geschmeidig darauf reagieren können. Ein Feld, das im Bereich hochwertiger Audiotechnik sich vor einigen Jahren entwickelte und in zahlreiche vibrationsisolierende Produkte mündete.

Es ist mehr als zu empfehlen, am besten alle Komponenten einer Anlage, gegen störende Einflüsse von Vibrationen zu schützen. Nur dann können die besten Geräte den besten Klang ermöglichen.

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